Wir hatten die Gelegenheit bei einer Podiumsdiskussion des Energiehandels
in Tirol dabei zu sein und konnten die Aussagen und Visionen auffassen:
Dr. Reinhold Mitterlehner (Vizekanzler a.D.) verweist in seinem Referat über die IKES Strategie, welche von der vergangenen Regierung beschlossen wurde. Bei der Klimakonferenz in Kattowitz 2018 wurden verschärfte Beschlüsse gefasst, der Ernst der Lage erkannt. Der Ausstieg aus der Braunkohle in Deutschland bis 2038 ist eine beschlossene Sache. In der österreichischen Klimastrategie ist das Zieldreieck ein Eckpfeiler mit einer ökologischen Nachhaltigkeit. Die europäischen Vorgaben sind für die Ziele in Österreich wichtige Anforderungen. Der Ausstoß von Treibhausgasen hat in Österreich aufgrund der nachlassenden Konjunktur abgenommen, da die Konjunktur jetzt aber wieder merklich zugelegt hat, steigen auch die Emissionen. Der Bedarf an elektrischer Energie wird aufgrund der E-Mobilität massiv ansteigen. Vor allem die soziale Mittelschicht ist Betreiber von Ölheizungen, daher hier auf die finanziellen Gegebenheiten der Bevölkerung Rücksicht genommen werden, bevor Verbote ausgesprochen werden und die Betreiber zum Umrüsten gezwungen werden. HVO (Hydrotreated Vegetable Oils = Hydriertes Pflanzenöl) ist ein Schlagwort für die Zukunft um aus dem fossilen Brennstoff Heizöl einen „grünen Brennstoff“ zu machen. Eine Beimischung zum Heizöl ist jederzeit möglich.
DI Bruno Oberhuber (Geschäftsführer Energie Tirol) berichtet, dass in Österreich die Ziele bis 2030 festgelegt wurden, in Tirol bis 2050. Im Gegensatz zu den staatlichen Ambitionen sind in Tirol keine Maßnahmen im Plan enthalten. Die Bewusstseinsbildung und der Dialog ist in Tirol sehr wichtig. Die Energiestrategie hat auch die Bevölkerung erreicht - so ist nach einer Umfrage diese bei 50 % der Tiroler Bürger bekannt. Ein ganz klares Ziel ist die allmähliche Verdrängung der Ölheizung und der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Hier muss aber auch Erdgas zu diesem Bereich gezählt werden. 100 000 Ölkessel sollen durch Biomasse und Wärmepumpen ersetzt werden. Hierzu müssen aber auch die Gebäude saniert werden. Die regionale Wertschöpfung ist dabei sehr hoch, da diese Arbeiten meist von heimischen Unternehmen ausgeführt werden.
Mag. Martin Reichard (Geschäftsführer IWO Österreich) berichtet, dass die Zufriedenheit der Ölheizungsbetreiber vorhanden ist. Es ist nun ein Akt der Politik, dass nur die Ölheizung als „Sündenbock“ hingestellt wird. Er gibt zu bedenken, dass die USA und China für 50 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Die EU hat einen Anteil von 15 % (Österreich 0,2 %). Es müssen hier alle Emissionen, die durch Menschen verursacht werden, herangezogen werden. Seit 2009 gibt es die Förderaktion für den Austausch von Ölheizungen gegen moderne Ölbrennwertanlagen. Es wurden über Ä 150 Mio. ausgeschüttet. Hybridanlagen in Kombination mit Photovoltaik und Solarthermie sind heutzutage Standard. Die Zukunft für Heizöl als Brennstoff ist seiner Meinung mit Beimischung von XtL wie HVO (Hydrogenated Vegetable Oil) gegeben. Weltweit werden 5 Mio t an XtL erzeugt. Vorreiter ist hier Finnland, wo 2,5 Mio t hergestellt werden. Auch in Österreich sind Musteranlagen, bei denen XtL verfeuert wird, seit 12 Monaten in Betrieb.
Anton Mattle (Landtagsvizepräsident/Energiesprecher der Tiroler Volkspartei) sieht eine Zukunft für alle Brennstoffe für die Wärmeerzeugung, ebenso Dr. Georg Dornauer von der SPÖ Tirol. Beide sind Bürgermeister in einer Tiroler Kleingemeinde. Dr. Dornauer hat gerade ein Gemeindegebäude mit einer Ölheizung errichtet. Anton Mattle betont, dass die CO2-Problematik als europäisches Gesamtprojekt gelöst werden muss.
In der Podiumsdiskussion sind sich alle Teilnehmer einig, dass Förderungen nur für die Einführung fließen sollen, das Produkt (auch Fernwärme) sich danach aber selber beweisen muss, um auf dem Markt zu bestehen. Weltweit werden pro Tag 90 Mio Barrel Erdöl gefördert, 50 % davon gehen an die Petrochemie. Einhellig besteht bei den geladenen Experten die Meinung, dass es auch in Zukunft einen Brennstoff Heizöl geben wird.
Begriffserklärung
Als XtL-Kraftstoffe (auch: Fischer-Tropsch-Kraftstoffe) werden verschiedene synthetische Kraftstoffe bezeichnet, bei denen es zur Umwandlung eines festen oder gasförmigen Energieträgers in einen bei normaler Temperatur und Druck flüssigen kohlenstoffhaltigen Kraft-stoff kommt. Dabei stellt das „X“ eine Variable dar und wird durch eine Abkürzung des ursprünglichen Energieträgers ausgetauscht während „tL“ für das englische „to Liquid“ steht. Aktuell gebräuchlich sind dabei die Abkürzungen GtL (Gas-to-Liquid) bei der Verwendung von Erdgas bzw. Biogas, BtL (Biomass-to-Liquid) bei der Verwendung von Biomasse und CtL (Coal-to-Liquid) bei der Verwendung von Kohle als Ausgangs-Energieträger.